Kompositionen, Korrespondenzen, Konditionen – Das Portal zum Historischen Archiv des Musikverlags B. Schott’s Söhne ist online!
Archive großer Musikverlage gleichen Schatzkammern der musikhistorischen Forschung: Die von den Komponist*innen übersandten Manuskripte sowie die Archivexemplare der jeweiligen Druckausgaben überliefern zahlreiche heute nicht mehr anderweitig greifbare Werke, Korrekturen in den Manuskripten und Druckfahnen bilden den letzten Feinschliff an den Werken ab, die Korrespondenz zwischen dem Verlag und seinen Autor*innen gibt Einblick in vielfältige Aspekte des Produktionsprozesses vom Angebot neuer Kompositionen über Fragen des Honorars, der Titelblattgestaltung und Widmung bis hin zur Rezeption der Werke in der musikalischen Öffentlichkeit, und die Druck- und Geschäftsbücher des Verlags legen die finanziellen und materiellen Rahmenbedingungen der Verlagsproduktion offen.
Es ist somit ein besonderer Glücksfall, dass sich das Archiv des 1770 begründeten Mainzer Musikverlags B. Schott’s Söhne seit Anfang des 19. Jahrhunderts in seltener Vollständigkeit erhalten hat – und dass die historischen Teile dieses Verlagsarchivs bis ungefähr zur Mitte des 20. Jahrhunderts im Jahr 2014 von einem Konsortium aus der Bayerischen Staatsbibliothek München, der Staatsbibliothek zu Berlin und sechs weiteren Institutionen erworben wurde und nunmehr der interessierten Öffentlichkeit zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden kann. Die Hauptanteile des historischen Schott-Archivs gelangten dabei in die beiden Staatsbibliotheken, wobei die Aufteilung im Wesentlichen entlang einer bereits im Verlag etablierten Gliederung in verschiedene Archivbereiche erfolgte.
Im Rahmen eines gemeinsamen, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes wurden in den vergangenen Jahren bereits große Teile der in die beiden Staatsbibliotheken gelangten Teile des Archivs erschlossen und – soweit unter rechtlichen Rahmenbedingungen möglich – digitalisiert.
Zentraler Baustein des Projektes ist das Portal Schottarchiv digital, das die Staatsbibliothek zu Berlin entwickelt und vor wenigen Wochen freigeschaltet hat. Mit einer einzigen Suche kann hier der gesamte bislang erschlossene Archivbestand durchsucht und die Digitalisate direkt im Portal eingesehen werden. Die physisch getrennten Teilbestände des Archivs sind somit virtuell wieder zusammengeführt, die vielfältigen Querbeziehungen innerhalb des Archivs treten sichtbar zutage, indem beispielsweise die im Verlag in verschiedenen Teilarchiven abgelegte Korrespondenz über ein Werk zusammen mit den entsprechenden Manuskripten und Druckausgaben gefunden und untersucht werden kann.
Um dies zu ermöglichen, werden die Erschließungsdaten aus den verschiedenen Katalogsystemen anhand standardisierter Schnittstellen in einem gemeinsamen Index zusammengeführt und aufbereitet. Darauf aufbauend erlaubt das Portal differenzierte Sucheinstiege: Die einfache Suche bietet einen raschen Zugriff auf alle Dokumente, die beispielsweise mit einer Person oder einem Werk in Verbindung stehen. Über Facetten und
Filter kann das Suchergebnis jederzeit modifiziert und spezifiziert werden. Über die Expertensuche hingegen lassen sich mehrere Suchen miteinander kombinieren – zum Beispiel die Suche nach Quellen eines bestimmten Werkes mit derjenigen nach Korrespondenz des betreffenden Komponisten aus der Entstehungszeit des Werkes. Die zugehörigen Digitalisate werden über IIIF-Technologie (dem sog. International Image Interoperability Framework) direkt von den Quellsystemen in den Viewer des Portals eingebunden um sie direkt im Kontext des Portals betrachten zu können.
Selbstverständlich sind alle Dokumente aus dem Schott-Archiv zusätzlich auch in den jeweiligen Katalogen und Digitalen Bibliotheken der beiden besitzenden Bibliotheken nachgewiesen und aufgenommen. Alle Datensätze des Schott-Portals enthalten daher einen Direktlink zu Katalogeintrag und Digitalisat in der besitzenden Bibliothek; die Möglichkeit einer Verlinkung auch von den Bibliothekskatalogen auf das Schott-Portal wird derzeit noch geprüft.
Ebenfalls „work in progress“ ist die Erschließung und Digitalisierung: die in die Staatsbibliothek zu Berlin gelangten Bestandssegmente, die besonders wertvolle Briefe und Manuskripte bedeutender Komponisten umfassen, werden bis Frühjahr 2022 vollständig erschlossen und digitalisiert sein. Für die wesentlich umfangreicheren Teile des Archivs, die die Bayerische Staatsbibliothek erworben hat, wurde vor kurzem ein dreijähriges Folgeprojekt bewilligt, so dass der Datenbestand des Schott-Portals auch in den kommenden Jahren kontinuierlich wachsen wird.
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