Mandäische Handschriften vollständig digitalisiert

Gastbeitrag von Lea Gzella

Im Bestand der Staatsbibliothek finden sich wichtige mandäische Handschriften, die nun vollständig in der Datenbank Qalamos erschlossen und digitalisiert sind.

Die Mandäer bilden eine kleine Religionsgemeinschaft, die vor allem im Laufe der letzten Jahrzehnte infolge von Repressalien und politischer Instabilität vom Irak und Iran aus in alle Welt verstreut wurde. Auch wenn ihre Entstehung nicht leicht zu rekonstruieren ist, reichen ihre Ursprünge mit Sicherheit anderthalb Jahrtausende zurück, da sie sich im Zusammenspiel mit spätantiken gnostischen Strömungen wohl in Südmesopotamien formte. Zwar ist die „Gnosis“ definitorisch nur schwer greifbar, doch manifestiert sie sich im Mandäismus in einem die ganze Welt durchdringenden Dualismus und im göttlichem Geheimwissen. So ist in die Seele des Menschen etwa ein göttlicher Funke gelegt, der seine Heimat in der hehren Lichtwelt erahnt und aus der Welt finsterer Materie dorthin zurückstrebt. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die Selbstbezeichnung der Mandäer leicht, die vom aramäischen manda „Erkenntnis“ abgeleitet ist. Eine besondere Rolle spielt die Taufe als ein regelmäßig stattfindendes Ritual der Reinigung, sodass neben Adam und anderen biblischen Figuren vor allem Johannes der Täufer eine hervorgehobene Position einnimmt.

Das Mandäische ist sprachlich gesehen eine Variante des Ostaramäischen und in dieser Hinsicht am nächsten mit dem Jüdisch-Babylonischen verwandt, während es auch von einer Reihe distinkter Merkmale gekennzeichnet ist. Die eigene Schrift und die für das Mandäische charakteristische Schreibung auch kurzer Vokale heben das Mandäische beispielsweise allein schon graphisch von anderen aramäischen Varianten ab.

Die Mandäer verfügen über eine reiche schriftliche Überlieferung. Ihre ältesten Handschriftenzeugnisse stammen zwar lediglich aus dem 16. Jahrhundert, doch wird man bei den Texten selbst einen wesentlich älteren Ursprung im 7. bis 9. Jahrhundert ansetzen müssen. Den mandäischen Kanon bilden in erster Linie die Ginza, die Qolasta und das Johannesbuch, in denen Mythologisches und Kosmologisches, die mandäische Glaubenslehre, Gebete, Riten und Erzählungen über Johannes den Täufer festgehalten sind. Daneben ist das mandäische Corpus reich an magischen und astrologischen Texten, wie sie auch bei ihren christlichen und jüdischen Nachbarn florierte.

Die Sammlung der Staatsbibliothek umfasst nun mandäische Texte all dieser Bereiche in unterschiedlicher Länge und Form: von Zauberrollen über Gebetsbücher bis zu Fragmenten der Qolasta und privaten Notizen ist alles dabei.

 

 

 

 

 

 

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