SBB LAB – Schaufenster für Daten, Demos & Experimente

Experimente, Mixturen, Versuche – Sie denken an Alchemie? Schon fast richtig, geht es doch im Folgenden um ein Labor oder, präziser, um ein Library Lab. Klar, dass dort nicht mit Säuren und Basen in Phiolen und Petrischalen hantiert wird, sondern vielmehr mit Daten und Informationen im virtuellen Raum. Und außerdem sind in diesem Fall Sie es, die aus kostenlosen Rohmaterialien Gold machen sollen.

Im Zuge der Massendigitalisierung des schriftlichen Kulturerbes sind inzwischen ganz erhebliche Datenmengen entstanden – wie aber können Bibliotheken dazu beitragen, die Nutzung, Transformation und Verknüpfung dieser Datenbestände zu befördern? Als ein so reizvoller wie zielführender Weg hat sich in jüngster Zeit das experimentelle Format des Hackathons – z.B. CodingDaVinci oder CodingGender – etabliert, mit dem das digitalisierte kulturelle Erbe auf neuartige, oft spielerische Weise erfahrbar gemacht wird. Denn Hackathons möchten partizipativ und hierarchiefrei dazu einzuladen, das kreative Potential offener gemeinfreier Datenbestände zu heben und einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Und wo ließe sich besser etwas ausprobieren als in einem Labor?

Building Library Labs

Diesen Stein ins Rollen brachte bereits 2008 die New York Public Library (NYPL). Unter dem Motto „NYPL Labs is an experimental design and technology team working to expand the range of interaction, interpretation, and reuse of library collections and data“ versammelte die Website NYPL Labs eine Reihe von Angeboten mit einem gemeinsamen Anliegen – zu zeigen, für welch vielfältige Zwecke sich digitalisierte Bibliotheksbestände verwenden lassen. Auf diese Weise sollten gerade diejenigen Personengruppen erreicht werden, die sich gewöhnlich nicht auf den Webseiten einer Bibliothek umsehen würden. Die Seite ist inzwischen zwar archiviert, was jedoch einzig dem Umstand geschuldet ist, dass die NYPL derartige Aktivitäten zu einer ihrer Daueraufgaben gemacht und in den laufenden Betrieb integriert hat.

Auf europäischer Seite ließ man sich dagegen noch Zeit bis 2011, als die British Library mit Unterstützung der Andrew W. Mellon Foundation die Initiative British Library Labs (BL Labs) startete. Den Prinzipien von Transparenz und Offenheit verpflichtet, hat die British Library eine Informationsseite zur Entstehungsgeschichte von BL Labs eingerichtet, auf der die Anträge an die Mellon Foundation veröffentlicht sind. Dort ist nachzulesen, dass die Ziele von BL Labs die Öffnung von digitalisiertem Kulturerbe unter freien Lizenzen, die Interaktion mit diesen Daten sowie nicht zuletzt auch die berufliche Weiterentwicklung von Bibliothekspersonal im Hinblick auf die neuen digitalen Möglichkeiten beinhalten. Auch die Videoaufzeichnungen von Veranstaltungen der BL Labs geben einen Eindruck von der Vielfalt der Ideen und Anwendungen, die erst durch den freien Zugang zu offenen Kulturdaten möglich werden.

2014 folgte die Nationalbibliothek der Niederlande dem Beispiel der British Library und initiierte das KB Lab, während in den folgenden Jahren weitere Library Labs in den Nationalbibliotheken von Dänemark, Österreich, Spanien sowie den USA und Australien entstehen sollten. Das Team der BL Labs hat mittlerweile auch eine Mailingliste eingerichtet, auf der sich alle Interessierten zum Thema austauschen können. Wer auf Twitter unterwegs ist, findet unter dem Hashtag #buildlibrarylabs leicht Anschluss zur Community.

So fand dann auch im September 2018 ein erstes Treffen der weltweiten Library Labs Community an der British Library in London statt. Einen Kurzbericht zu den diskutierten Themen finden Sie im Blog der (dort ebenfalls vertretenen) europäischen Digitalen Bibliothek Europeana. Mit rund 60 Teilnehmenden aus allen Kontinenten war die Veranstaltung nicht nur gut besucht, sondern zeigte zudem, wie bei aller Vielfalt der Bibliotheken rund um die Welt doch die gemeinsame Motivation, besseren Zugang zu digitalisiertem Kulturerbe zu schaffen, verbindet. Im März 2019 traf sich die Building Library Labs Community zum zweiten Mal, diesmal an der Nationalbibliothek von Dänemark, dem sog. „Black Diamond“. Dort standen insbesondere Themen wie die Nachhaltigkeit von Library Labs, die Entwicklung von Bibliothekspersonal und -Services sowie die Organisation einer kollaborativen Buchpublikation zum Thema im Vordergrund.

Auch in Deutschland entwickelt sich aktuell eine recht diverse Labs Community an Bibliotheken. Beispiele sind die TIB Labs in Hannover oder die eher am Konzept eines Makerspace orientierten Angebote des LibraryLab der Zentralbibliothek der Stadtbüchereien Düsseldorf sowie der SLUB Dresden. Das DFG-Projekt „Future e-Research Support in the Humanities“ (FuReSh) der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität Berlin erarbeitet aktuell eine Konzeptstudie für sog. „Scholarly Makerspaces“, ein Zwischenbericht dazu wurde in Ausgabe 35 von LIBREAS veröffentlicht.

Zum SBB-Lab

Da die Staatsbibliothek zu Berlin ihren Ursprung in einer kurfürstlichen Kunst- und Wunderkammer hat, ist es wohl nur folgerichtig, dass nun auch wir mit einem eigenen Lab an den Start gehen.

Im SBB-Lab werden unter dem Menüpunkt „DATEN“ diverse Datensets sowie maschinenlesbare Schnittstellen (APIs) für die digitalisierten Bestände der SBB beschrieben. Zu jedem Datensatz finden sie im jeweiligen Eintrag auch Ansprechpersonen, die Ihnen bei Fragen dazu gerne weiterhelfen. Unter dem Menüpunkt „DEMOS“ werden eine Reihe von Prototypen und Anwendungen vorgestellt, die im Zuge von kollaborativen Forschungsprojekten, Experimenten oder Hackathons entstanden sind. Diese wollen aufzeigen, was mit den verfügbaren Daten alles machbar ist und dazu inspirieren, selbst damit zu experimentieren. Da diese Datensets und Anwendungen zum Teil von anderen Einrichtungen bzw. Entwickler*innen erstellt wurden und ggf. auch extern gehostet werden, sind Änderungen der Funktionalitäten oder Instabilitäten allerdings nicht auszuschließen.

Sehen Sie sich doch selbst ein mal um: https://lab.sbb.berlin

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