Interview mit Dr. Markus Heinz (Kartenabteilung)

Dr. Markus Heinz arbeitet seit vielen Jahren in der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin. Unsere Wege kreuzten sich bereits in gemeinsamen Projektphasen (ebenfalls hier auf unserem Blog zu bestaunen: die virtuellen Ausstellungen „Kartenspiele“ und „Kartenreliefs“) und wir freuen uns, dass er Zeit für ein Interview hatte.

Auszubildende: Wie kamen Sie zur SBB?

Dr. Markus Heinz: Das ist eigentlich ganz einfach. Ich habe ja Geschichte studiert und mich dann auf alte Karten spezialisiert. Da wird dann die Welt, in der man mit dem Fachwissen arbeiten kann, sehr klein. Da gibt es dann wirklich nicht mehr so viele Stellen, wo man hinkann. Ich habe in Wien studiert und da wurde klar, dass es nicht so ohne weiteres weitergehen würde. Ich wusste aber, dass hier in der Staatsbibliothek innerhalb von ein paar Jahren mehrere Leute aus dem höheren Dienst in der Kartenabteilung in den Ruhestand gehen würden. Da dachte ich, das müsste man doch eigentlich hinkriegen und siehe da: Ich habe hier auf diese Weise dann das Referendariat kriegen können.

AB: Und wie lange sind Sie schon an der Stabi?

MH: 1998 habe ich das Referendariat bis 2000 durchgeführt. Dann war ich in einem Projekt hier, wo es zunächst um die Bestandsaufteilung ging; weil die Kartenabteilung ja noch geteilt war. Danach ging es in ein Projekt von der DFG, wie man handgezeichnete Karten verzeichnen könnte. Dann war ich ein Jahr lang freiberuflich und habe eine Ausstellung in Nürnberg gemacht und bin von dort aus dann auf die Stelle des stellvertretenden Abteilungsleiters gekommen.

AB: Was gefällt Ihnen am besten an der SBB?

MH: Ich kenne ja relativ viele Bibliotheken aufgrund der Forschungstätigkeit, die ich vorher gemacht habe. Die Staatsbibliothek ist schon sehr nutzerorientiert. Da gibt es schon viele Bibliotheken in ähnlicher Größenordnung und ähnlichem Zuschnitt, die das sehr viel restriktiver handhaben. Das finde ich eigentlich total schön an der Staatsbibliothek.

AB: Was schätzen Sie am meisten an Ihrer Arbeit?

MH: Wenn sie sich ergeben, Gespräche mit den Nutzenden. Wenn man mit ihnen ins Gespräch kommt, was im Sonderlesesaal durchaus ganz gut passieren kann. Man kann sie auch fragen “Was machen Sie denn da?”. Ich frage auch manchmal, weil ich alle zwei Jahre eine Tagung organisiere, wenn ich das Gefühl habe, das könnte auch jemand sein, der dort vortragen mag. Da merkt man dann oft, dass sie auch froh sind, dass sie irgendwen finden, der zum gleichen Thema arbeitet. Ich erlebe es ganz oft, dass Leute, die mit alten Karten arbeiten, in ihrem Bereich absolut die einzigen sind und immer eher als Exoten gelten. Die sagen auf den Tagungen ganz oft “Das sind ja lauter Leute, die über sowas arbeiten! Das kenne ich so gar nicht! Das ist ja großartig!” Also diese Art von Gespräch schätze ich sehr. Allerdings spreche ich auch gerne mit den Kolleginnen und Kollegen. Das finde ich gut, dass man da nicht alleine wurschteln muss.

AB: Nochmal für die Leute, die nicht wissen, wer Sie sind: Welche Tätigkeit üben Sie aus?

MH: Ich bin stellvertretender Abteilungsleiter der Kartenabteilung. Da fällt viel Organisatorisches an, kleinere und größere Projekte. Ich habe die antiquarische Erwerbung zu betreuen. Im Wesentlichen bin ich auch mit dem Benutzungsdienst beschäftigt. Dazu kommt noch die Beratungstätigkeit für externe Projekte oder Forscherinnen und Forscher, die zu uns kommen und nicht genau wissen, was wir haben.

AB: Wo liegt denn Ihr Lieblingsort in der SBB? Haben Sie da einen?

MH: Da habe ich lange nachgedacht. Eigentlich habe ich ziemlich viele. Letztendlich ist es aber schon der Kartenlesesaal, den mag ich besonders gern. Ich bin auch wahnsinnig gern im Magazin. Es gibt ja viele Leute, die da nicht hinwollen aber ich bin sehr gern im Magazin. Wenn ich mir einen Ort aussuchen müsste, dann wäre es bei uns die Galerie im alten Kartenlesesaal, weil da die anderen auch nicht hindürfen. Da fühlt man sich so ein bisschen besonders. Es ist schon schön dort oben. Sie kennen das ja auch von den Projekten.

AB: (Alle nicken zustimmend) Ja das stimmt. Wir haben uns auch schon gedacht, dass Sie das sagen.

MH: Ach, ist ja lustig. Aber ich mag das andere Haus auch total gern, auch wenn ich dort jetzt nicht mehr bin. Es gibt viele Stellen, wo es schön ist.

AB: Auf was können Sie bei Ihrer Arbeit nicht verzichten?

MH: Da habe ich auch lange nachgedacht. Ich glaube vor allen Dingen die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen ist das, was wirklich entscheidend ist, dass es auch gut läuft.

AB: Welches war das schönste Kompliment, das Sie auf der Arbeit bekommen haben?

MH: Das ist noch gar nicht lange her, da hatten wir eine Tagung hier, zumindest für einen Tag. Das war die “International Society for the History of the Map.” Wir haben eine Auslage im Kartenlesesaal gemacht zur Materialität von Karten, also in Stoff, in Relief, in verschiedenen Papiersorten, verschieden coloriert, als Foto, als Kupferplatte und ähnliches. Und einer der wirklich führenden Kartographiehistoriker, ein Amerikaner, hat mir hinterher geschrieben, wie sehr er das geschätzt hat und wie gut er es fand. Der hat wirklich schon unendlich viel gesehen und ihm was zu zeigen, wo er sagt “Hmmh, das war spannend”, das hat mir schon gut getan. Da hab ich mich schon gefreut, das war schon fein. Total schön ist natürlich auch, wenn Nutzer, die vielleicht gar nichts erwarten, hier staunend rausgehen. Aber das andere war schon ein spezielles Kompliment, das man nicht so leicht kriegt.

AB: Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

MH: Privat lese ich gerade den “Felix Krull” von Thomas Mann zuende, weil ich vorher noch nicht so richtig was von Thomas Mann gelesen habe. Dienstlich hatte ich vor kurzem ein sehr interessantes Buch: “Unterrichtende Briefe von denen Einwohnern der Planeten, Verfertigung und Verbesserung derer Erd- und Himmelskugeln.” Dort ging es um die Technik der Globenherstellung, weshalb ich da reingeguckt habe.

AB: Welches ist Ihr Lieblingsbuch, wenn Sie eins haben?

MH: Das ist von einer Österreicherin, von Inge Merkel: “Das große Spektakel.” Das ist eine Art Weltgeschichte, ziemlich humorisisch erzählt. Das ist total schön, finde ich. Und dienstlich gibt es auch ein Buch von David Buisseret “The Mapmakers‘ Quest”, welches ich immer sehr anregend zu lesen finde.

AB: Auf welche Frage hatten Sie zuletzt keine Antwort?

MH: Vor ein paar Tagen war ein junges Paar da. Sie sagten, sie wollen Globen herstellen, und zwar in traditioneller Technik, also mit einer Gipskugel, die mit Segmenten bezogen wird. Sie wollten eine Anleitung haben, wie man das macht. Wir gucken hier sozusagen immer retrospektiv darauf, wie man so ungefähr Globen herstellte, aber eine richtige Anleitung … Da wusste ich erstmal nicht, wo ich schauen sollte. Ich wusste, dass es Anleitungen gibt, aber die hätte ich nicht parat gehabt. “Unterrichtende Briefe…” ist eine davon, aber es gibt noch eine spätere. Die habe ich denen inzwischen auch geschickt. Das hat eine Weile gedauert, weil ich auch nicht mehr die Autoren wusste, also musste ich erstmal passen.

AB: Wenn Sie drei Wünsche freihätten, welche wären das?

MH: Schwierig … Also, was ich mir auf jeden Fall wünsche ist, dass in Berlin mehr kartografiegeschichtliche Forschung stattfindet. Das ist immer eher an anderen Stellen. Es ist natürlich auch ein kleiner Bereich, da gibt es auch nicht viele Forscher. Das fängt jetzt gerade so ein bisschen an. An der FU gibt es eine Professorin, die macht Asian Studies. Sie arbeitet viel mit Karten und wir hatten auch schon Seminare mit ihr hier. Da läuft es so ein bisschen an, aber ich würde mir da mehr wünschen. Es wäre genau das, was wir hier sehr schön bedienen könnten mit unserem Material und unserem Fachwissen.Ich würde mir wünschen, dass die digitalen Karten ein bisschen leichter zu benutzen wären. Die sind relativ sperrig, noch sperriger als die E-Books oder ähnliches. Als drittes wünsche ich mir für mich selbst ein bisschen mehr Zeit für die Forschung. Aber das kann ich auch noch machen, wenn ich dann im Ruhestand bin. (Alle lachen) Insofern muss es nicht so schnell in Erfüllung gehen. Es wäre schöner, wenn die anderen Wünsche bald kämen.

AB: Vielen Dank für Ihre Zeit!

 

Wir danken Dr. Markus Heinz für seine Zeit, die er uns für dieses Interview zur Verfügung stellte!

 

Das Interview fand im Rahmen des FaMI-Takeovers am 10.08.2023 statt.

0 Kommentare

Ihr Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns einen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.