Gigantische Kartographische Werke im Königlichen Palais Amsterdam

Heute nachmittag eröffnet Willem Alexander, König der Niederlande, im Königlichen Palais von Amsterdam die Ausstellung „Das Universum von Amsterdam“. Die mit jeweils 6,24 Metern Durchmesser drei größten Karten der Welt sind im Bürgersaal des Palais als Fußboden ausgeführt. Diese steinernen Giganten der Kartographie werden ab morgen bis zum 22. September 2019 um weitere herausragende Karten und Atlanten ergänzt, die alle ihren Ursprung in Amsterdam haben. Dazu zählt auch eine Leihgabe aus der Staatsbibliothek zu Berlin: Der Atlas des Großen Kurfürsten, eines der größten Bücher der Welt.

https://www.paleisamsterdam.nl/en/universe-amsterdam/

 

Der Kurfürstenatlas der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz

Zu einer der besonderen Pretiosen der Bibliothek gehört der sogenannte Kurfürstenatlas, er vereint 35 Wandkarten und 18 Seekarten mit dem Kenntnisstand des 17. Jahrhunderts. Der Altas wiegt 125 kg und misst aufgeschlagen 2,20 x 1,70 Meter, ist also beinahe mannshoch, siehe Collage. Für den Transport sind sechs Personen nötig, zum Umblättern bis zu vier. Dieser Altlas wurde Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1640-1688) von Fürst Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604-1679) als Geschenk überbracht.

Warum Johann Moritz den Atlas in Auftrag gab, kann nur vermutet werden. Auch der Termin der Übergabe ist nicht genau bekannt. Im Jahr 1660 richtete der Fürst in dem von ihm erbauten „Maurits-Huis“ („Moritz-Haus“) in Den Haag ein Fest aus Anlass der Wiedereinsetzung Königs Karl von England aus. Bei dieser Gelegenheit überreichte der Amsterdamer Kaufmann Johannes Klencke einen großen Atlas an König Karl II. Wahrscheinlich war Johann Moritz von dem „Klencke-Atlas“ so beeindruckt, dass er dem Großen Kurfürsten, dem er freundschaftlich verbunden war, ein ähnliches Geschenk machen wollte. Dieser hatte 1661 die „Churfürstliche Bibliothek zu Cölln an der Spree“ gegründet. Ein Brief Friedrich Wilhelms vom 2. August 1664 an seinen Statthalter in Cleve enthält folgende Passage: „bedancke mich zuforders wegen des grocsen Buches, welches sehr schön, undt meine Biblioteck sehr ziehret“. Demnach dürfte die Schenkung einige Zeit zuvor erfolgt sein. Die Wandkarten aus dem Goldenen Zeitalter der niederländischen Kartographie zierten zu dieser Zeit die Wände von Rathäusern, Schlössern, Wohnungen oder Kontoren. Sie dienten hauptsächlich repräsentativen Zwecken und wurden deshalb reich verziert, graphisch ausgeschmückt und prächtig koloriert.

Die Einbanddeckel des Originalatlas bestanden aus Eichenbrettern, die mit Rindleder überzogen waren. Die Kanten der Deckel schützten kunstvoll gestaltete Messingbeschläge. Einband und Karten wurden durch drei verzierte Metallschließen zusammengehalten, wobei wiederum die Karten durch 20 Doppelbünde mit dem Einband verknüpft waren. Johann Moritz ließ den Atlas mit seinem Wappen schmücken, unterlegt durch das achtspitzige Johanniterkreuz. Der dänische Elefantenorden wies auf eine weitere Mitgliedschaft in einem Ritterorden hin. Auf diese, ihm vom dänischen König verliehene Auszeichnung, war er ebenso stolz wie auf das Amt des Herrenmeisters des Johanniterordens.

Das in seinem Format außergewöhnliche Werk beinhaltet 35 Wandkarten und 18 zu drei Blättern zusammengefasste Seekarten. Sie stammen sämtlich aus berühmten Amsterdamer Kartenoffizinnen. Allein 17 Landkarten wurden im Verlag von Joan Blaeu (1596-1673) angefertigt, drei steuerte die Werkstatt des Nicolas Vischer (1618- etwa 1679), Piscator genannt, bei. Andere Verlage sind mit zwei oder einer Karte vertreten.
Die Ordnung der Karten orientiert sich an der zeitgenössischer Atlanten und beginnt mit der berühmten Weltkarte von Frederick de Wit (1630-1706). Es folgen Erdteilkarten, eine Europa- und Deutschlandkarte („Heiliges Reich Deutscher Nation“) und zwei gezeichnete Karten des Kurfürstentums Brandenburg und des Herzogtums Preußen. Denen schließt sich eine Karte des Klever Gebietes an. Danach folgen die Karten der Erdteile Asien, Afrika und Amerika.
Eine Spezialkarte Blaeus dokumentiert das Gebiet Niederländisch-Brasiliens („Brasilia-Belgica“). In seiner Stellung als Gouverneur dieser Besitzungen in den Jahren 1636-1644 förderte Johann Moritz die wissenschaftliche Erschließung des Landes. Zu seinen Beratern vor Ort zählte neben anderen der Geograph und Astronom Georg Marggraf (1610- etwa 1644). Dieser war vor allem mit der Vermessung des Landes und dem Zeichnen von Karten beschäftigt.

Als druckgraphische Technik wurde beim Atlas der Kupferstich und teilweise die Radierung verwendet. Die Kolorierung der Kupferstiche ist zurückhaltend von angenehmer Wirkung. Über das verwendete Papier wurden umfangreiche Untersuchungen angestellt. Stichproben ergaben, dass niederländisches Papier der 40er und 50er Jahre des 17. Jahrhunderts, also feingeripptes Bütten in der Bogengröße 45 x 29,3 cm verwendet wurde.

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