Digitale Lektüretipps 18: Bildschirm-Reisen
Ein Beitrag aus unserer Reihe Sie fehlen uns – wir emp-fehlen Ihnen: Digitale Lektüretipps aus den Fachreferaten der SBB
Die zur Eindämmung der gegenwärtigen Pandemie eingeschränkte Bewegungs- und Reisefreiheit lässt zum Atlas greifen, um fremde Länder aufzusuchen. Doch wer nimmt noch einen schwergewichtigen Atlas zur Hand, wenn man sich via Bildschirm mit Online-Kartendiensten wie Google Maps oder Bing Maps, dem Pendant von Microsoft, in der Welt umsehen kann. Sie helfen sich im Unbekannten zu orientieren, sie sind aber auch Plattformen für Werbezwecke von Firmen, die auf diesem Wege gefunden werden wollen. Eine höhere Präzision erreicht inzwischen das auf Open Data und unter freier Lizenz stehende OpenStreetMap-Projekt, wobei ein Großteil der Geodaten von vielen Freiwilligen mit GPS-Empfängern ermittelt werden. Die zunehmende Qualität der Geodaten und ihre kartographische Umsetzung, die auf der richtigen Zuordnung zu den Objektkategorien basiert, macht diesen Kartendienst sehr attraktiv, zumal die hohe Flexibilität die Anbindung weiterer Informationen an ein Kartenelement zulässt. Dadurch können sie auch für Routing- und Navigationsdienste aufbereitet werden. Ein wesentlicher und sofort sichtbarer Unterschied zu amtlichen Karten ist aber das Fehlen der Geländedarstellung.
Viele amtliche Vermessungsbehörden haben inzwischen eigene, nationale Geoportale aufgebaut, sie bieten dabei meist ein breites Anwendungsspektrum und in der Regel auch einen umfangreichen Werkzeugkasten z. B. für Strecken- oder Flächenberechnungen an. Neben der Topographie werden offene Geodaten zum Herunterladen oder Themenkarten offeriert. In der Topo-Liste sind viele dieser amtlichen topographischen Angebote verlinkt und können von dort aus direkt aufgerufen werden. In Deutschland obliegt die Landesvermessung den Bundesländern. Ein sehr breit gefächertes Themenportal bietet die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Auch das umgebende Brandenburg hat viele Geo- und Geofachdaten im Landes-Geoportal zusammengestellt und einen eigenen Kartendienst, den Brandenburg-Viewer. Auf Bundesebene betreibt das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) das Geoportal mit Kartenangebot oder der Verlinkung zu den Services der Landesvermessungsverwaltungen. Die Geodateninfrastruktur ist dabei auf den europäischen Richtlinien des Inspire-Projekts abgestimmt. Hierbei ist zunächst eine konforme Datenbasis und anschließend deren Interoperabilität als großes Ziel angestrebt. Das gemeinsame Inspire-Geoportal ist der erste Schritt zur gemeinschaftlichen Umweltpolitik auf EU-Ebene.
Eine besondere Herausforderung für die Kartendienste ist die Einbindung alter, analoger Landesaufnahmen. Je nach Größe eines Territoriums und Maßstab können schnell mehrere hundert oder gar tausend Kartenblätter dazugehören. Doch entscheidend ist nach dem Scannen der Kartendrucke deren Georeferenzieren und vektorielle Umrechnung auf heutige gebräuchliche geodätische Systeme. Die im Sachsenatlas integrierten Sächsischen Meilenblätter (unter Karteninhalt > Historisches Sachsen > Meilenblätter hochzuladen) war der erste Versuch dieser Art, alte Landesaufnahmen blattschnittfrei in einem Geoportal einzubinden. Inzwischen bieten viele Geoportale auch alte topographische Karten blattschnittfrei an, z.B. der Bayernatlas (Topographische Karte aktivieren; Thema wechseln > Zeitreise anklicken und auf Schieberegler Zeitpunkt einstellen) oder auch der schon genannte Brandenburg-Viewer (im Menu der Kartenebenen unter Historische Daten das gewünschte Kartenwerk auswählen). Besonders spannende Einblicke in die Landschaftsentwicklung gibt bei diesen Angeboten die Regulierung der Transparenz mit einem Schieberegler für die Zeitebenen.
Auf europäischer Ebene ist das Projekt Mapire zu nennen. Der Wert besteht insbesondere darin, dass die amtlichen Zuständigkeiten im 18. und 19. Jahrhundert nicht mit den heutigen territorialen Grenzen übereinstimmen, hier aber eine grenzüberschreitende Präsentation aufgebaut wird.
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